Neues ostdeutsches Selbstbewusstsein

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Veranstaltung „Kultur in Ost und West“ Neues ostdeutsches Selbstbewusstsein

Bei der Veranstaltung „Kultur in Ost und West – ein anderer Blick“ luden Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Staatsminister Carsten Schneider zur Diskussion über die Rolle von Kunst und Kultur bei Fragen nach einer Ostdeutschen Identität ins Bundeskanzleramt ein.

Die Moderatorin gemeinsam mit Claudia Roth und Carsten Schneider

Moderatorin Nhi Le im Gespräch mit Staatsminister Carsten Schneider und Staatsministerin Claudia Roth (v.l.)

Foto: Bundesfoto/Laurin Schmid

Auch 35 Jahre nach der Friedlichen Revolution spielen Fragen nach ostdeutscher Identität, gelungenen oder nicht gelungenen Transformationsprozessen und den daraus resultierenden Spannungsverhältnissen eine große Rolle. Zuletzt zahlreich erschienene Romane, Sachbücher und Reportagen haben die öffentliche Debatte über die Wahrnehmung des Ostens wieder verstärkt. Bei der Veranstaltung „Kultur in Ost und West – ein anderer Blick“ luden Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Staatsminister Carsten Schneider ins Bundeskanzleramt um die vielfältigen Perspektiven auf das Thema zu diskutieren.

„Es ist bemerkenswert, dass sich immer mehr auch jüngere Autorinnen und Autoren mit einem neuen ostdeutschen Selbstbewusstsein melden. Sie prägen neue Perspektiven auf die Vergangenheit und geben bisher vernachlässigten Geschichten Raum“, so Staatsminister Schneider zu Beginn der Veranstaltung. Auch Claudia Roth warb für mehr Interesse beim gegenseitigen Entdecken der Schätze in den Bücherregalen, besonders der vielfältigen DDR-Literatur. Dabei steht Ostdeutschland für eine vielfältige und dichte Kulturlandschaft. Die ostdeutschen Bundesländer geben im bundesdeutschen Vergleich pro Kopf am meisten für Kultur aus. Und mit Chemnitz wird erstmals eine ostdeutsche Stadt 2025 Kulturhauptstadt Europas sein.

Bei einer Paneldiskussion machte sich der Autor und Musiker Hendrik Bolz („Nullerjahre – Jugend in blühenden Landschaften“) stark für vielfältigere Perspektiven auf Ostdeutschland, vor allem in Bezug auf die Erfahrungen der Nachwendezeit. Das unterstützte die Soziologin Katharina Warda, die besonders zur Situation Nicht-Weißer Menschen in DDR und in Ostdeutschland forscht. Sie warb dafür bei der Aufarbeitung der Gewalterfahrung der Neunziger Jahre stärker die Perspektive der Opfer zu beleuchten und das Bild eines homogenen Ostens aufzubrechen.  
Intensiv wurde der Begriff des Kolonialismus in der Runde diskutiert. Die Autorin und Filmemacherin Grit Lemke („Kinder von Hoy“) beschrieb damit die Erfahrung ihrer Generation, nach der Wiedervereinigung bei Fragen nach Vermögen und Besitz und bei gesellschaftlichen Führungspositionen sich von Westdeutschen dominiert zu fühlen. Auch in Kulturinstitutionen wünscht sie sich noch mehr Ostdeutsche in Führungspositionen. Das Panel ergänzten Historiker Martin Sabrow und Barbara Steiner, die Leiterin der Stiftung Bauhaus Dessau.  
Die Autoren Jan Böttcher und Anne Rabe lasen aus ihren Büchern, die sich beide mit Familienerfahrungen der deutschen Nachkriegsgeschichte und dem Deutsch-Deutschen Verhältnis beschäftigten. Durch die Veranstaltung führte die Journalistin Nhi Le, Musik steuerte die Künstlerin Alli Neumann bei.   

Dass es bei der Betrachtung von Kultur und einer ostdeutschen Identität auch auf eine europäische Perspektive ankommt, kam ebenfalls zur Sprache. Staatsminister Carsten Schneider betonte die Rolle des geplanten Zukunftszentrums für Deutsche Einheit und Europäische Transformation in Halle (Saale) als einen Ort, der Brücken auch nach Mittel- und Osteuropa schlagen soll, um die verschiedenen Perspektiven auf die Umbruchserfahrungen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zusammenzuführen. Dabei soll ein Raum entstehen, selbstbewusst über Ostdeutsche Identität diskutiert werden kann. So wie an diesem Abend im Bundeskanzleramt.